Dem erwirdigen und hochgelarten herren Georgio Maiori, der heiligen schrifft doctori und in der berhümten universitet Witeberg sacrae theologiae professori, meinem geliebten herren unnd praeceptori

Gottes Genad, ware trost unnd segen durch Jesum Christum seinen einigen son, unsern mitler und heyland, in dem heiligen geiste, sampt meinem trewen gebet unnd willigen diensten zuvor. Erwirdiger, hochgelarter herr doctor unnd geliebter pr[a]eceptor.

Das der heilig apostel Paulus seinem liebe[n] jünger und diener Christi, dem Thimotheo gebeut und saget: Bleibe in dem, das du gelernet hast und dir vertrawet ist, sintemal du weissest, von wem du gelernet hast. Damit lehret er, das alle trewe kirchendiener und seelsorger ires thuns gewiß und mit bestendigem grunde unterricht sein sollen, damit sie wissen, das sie nit menschen lehr, sonder das heilige, reine und unverfelschte wort der göttlichen warheit, in der heiligen propheten und apostel bücher verfasset predigen, dadurch den weinberg Christi recht bauen und dem almechtigen Gott viel angenemer früchte bringen: Umb welcher ursach willen alle glaubige mensche[n] auff der propheten un[d] apostel schrifften, als den waren grund der seeligkeit gewisen werden, als da gesagt ist: Nach dem gesetz und zeugnuß. Item, Dein wort ist meiner süsse Leuchte. Item, Meine Schaafe werden meine stim[me] hören. Item, Ir werdet meine zeugen sein. Und der Herr Christus selbs seine Jünger auff Mosen, die Propheten unnd Psalmen weiset.

Solche lehrer aber, die in der propheten und apostel fußstapffen bestendiglich treten unnd treulich lehren, sein gewiß die größsten gaben, welche der almechtige treue vatter in seinem geliebten sone der welt schencket, sintemal er durch sie meniglich sein genad und heil fürtregt und anbeut.

Und sol ja derselben gedechtnus bey den nachkommen bleiben und dem lieben Gott für iren treuen dienst gedancket werden.

Daher sehen wir, das in der kirchen geschicht solcher lehrer sehr offt gedacht wird, welche mit eyferigem geiste die falschen lehr gestrafft, umb der warheit willen dapffer gestritten, die lügen auffgedeckt un[d] die christlich kirche mit dem reinen wort Gottes seliglich unterricht haben. Also rühmet und erzelet auch der H[eilige] Irenaeus bischoff zu Lugdun, die lehrer, welche von den heilige[n] aposteln und dan[n] ordentlich einer von dem andern die reine apostolische lehr empfangen unnd in der latinischen kirchen biß auff seine zeit gebracht hatten. Unnd weil er in seiner jugend den heiligen Polycarpum d[ivi] Johannis Evangeliste Junger gesehen und gehört, zeiget er beyneben an, wie derselbe auff ein zeit dem schendlichen ketzer Marcioni mit einer antwort begegnet sey, welcher zu Polycarpo gesagt: Schau mich an und lerne mich kennen. Ille vero respondit: Cognosco te primogenitum Sathanae: und setzet Ireneus einen mercklichen spruch darzu, welcher andern ein herliche lehr geben und zu allen zeiten wider alle ketzerey wol sol behalten werden: Tantum, inquit, apostoli et horum discipuli habuerunt timorem, ut neq[ue] verbotenus communicarent alicui eorum, qui adulteraverant veritatem, [1] wie denn auch Sanct Paulus spricht: Einen ketzerischen menschen meide, wenn er ein mal und abermal ermanet ist unnd wisse, das ein solcher verkeret ist und sündiget, als der sich selbs verurtheilet hat.

Auß dem allen erfolget nun, das auch wir unser treuen lehrer gedachtnuß uns gelieben lassen unnd bey der zarten jugent anrichten unnd erhalten helffen sollen, angesehen, das sie durch göttliche genad gar heilwertige und nützliche werckzeuge gewesen, dadurch der kirchen Gottes gedienet, vil schendliche grewel unnd mißbreuch entdeckt, falsche lehr darnider geschlagen und das reine, lautere und unverfelschte wordt Gottes mit dem rechten brauch der hochwirdigen sacramenten uns einfeltigen unnd armen Teutschen mitgetheilt und klar fürgelegt worden. Und ob wol dasselb von vielen rechten un[d] from[m]en lehrern bißher geschehen und noch teglich geschicht, hab ich doch auß bedencklichen ursache[n] auch etwas dergleichen thun und zur probe auff dißmal allein der erwirdigen unnd hocherleuchten men[n]er und herren preceptorn d[octori] Martini Lutheri unnd Philippi Melanthonis symbola gar kurz gefasset, harmonia musica schmucken unnd also eur erwirden vertrauter guter meinung zuschreiben wollen, damit ich für vielfeltige empfangene wolthaten mich etlichermassen danckbar erzeige und hiemit zuvernemen gebe, wie ich mit der hülff des almechtigen Gottes, kunfftig dieser trefflichen hochbegnadten men[n]er un[d] anderer irer trewen mitgehülffen symbola et selectas sententias teutsch und lateinisch auffs rundiste setzen unnd mit einer zimlichen harmonia musica, der latinischen und teutschen sprach gemeß unnd rühmlich gezieret, offentlich außgehen lassen wölle, welchs propter memoriam tantorum virorum der zarten jugent nit allein angenem, sondern der musicen halben nutz sein wird. Dan[n] ich gentzlich dahin entchlossen, das ich nichts frembds, nichts ungereumts, noch unbrauchsams, sonder was ad veram rationem toni gehörig unnd die affectus zurüren tauglich ist, brauchen will. Wider welches von dem neuen grossen singern gar gröblich und wol propter solam ostentationem, nit ohn schaden der zarten jugend gesündiget wird. Denn da will vera toni ratio et cantus gravitas wenig mehr gelten und gehet also, das man offt uber die hurde schlecht (extra septa ut feratur) unnd das gehör empfindlich offendirt wird.

Und ob mir wol ein andere und grössere sorg in dem heiligen ministerio auff dem halse ligt und uberauß genug zuschaffen macht, doch weil David mit seinen psalmen, die lieben propheten mit viel gesengen inen erquickung gemacht und zu unser zeit obgedachte erwirdige und hocherleuchte men[n]er und herren praeceptores mit einem reichen geist liebliche geseng und epigrammata geschrieben, achte ich, diß mein fürnemen werde mir bey from[m]en gutherzigen leuthen auch wol gebillichet werden.

Ist demnach an e[uren] erwirden mein demütig und fleissig bitten, ihr wöller diese meine gesenglein im besten auffnemen und weil ich e[ure] erwirde symbolon noch zur zeit nit gewust, an desselben stat Canticum Simeonis underweilen euch gefallen lassen unnd dasselbe mir jetzund schrifftlich zuwissen machen, bin ich zur ehr Gottes, zu dienst seiner lieben kirchen und befürderung der zarten jugent, möglichs fleiß zuhelffen schuldig, geneigt und willig, dem almechtigen Gott e[urer] erwirden unnd uns alle trewlich befehlend. Datum Eger, den XX. Aprilis, Anno M.D.LXXII

E[ure] e[rwirde]

dienstwilliger discipulus,

M[agister] Iohan: Hagius, Egrae

concionator