Dem durchleuchtigen hochgebornen fürsten und herren, herren Wilhelmen, sampt ihrer fürstlichen gnaden gebrüdern und herren, landtgrafen in Hessen, grafen zu Katzenelnbogen, zu Ditz, zu Ziegenhain und Nidda, [et cetera.] Meinen gnedigsten fürsten und herren.

Gnad und fried, durch Jesum Christum unsern heylandt und seligmacher, amen. Durchleuchtige, hochgeborne fürsten, gnedige herren, was für ein heylige, herrliche unnd schöne gabe Gottes, die musica sey, ist unmüglich mit menschlicher zungen gnugsam außzureden, und außzusprechen. Und ist zwar dise liebliche unnd holdtselige kunst, solches und alles andern lobes unnd rhumes wol wirdig unnd werdt, sintemal diese allein, auch für andern allen freien künsten, täglich in der kirchen zu Gottes lob und ehr, in aller solemnitet geübet und gebrauchet wirdt, also das auch unter allen andern künsten kein kunst auff erden noch unter der sonnen ist, wie auch dise namen haben mag, die da köndte und möchte der edlen und holdseligen musica verglichen werden, dieweil Gottes wort, werck und wunderthaten durch diese kunst mit lieblichen getöne, und frölichem schalle, gerhümet und gepreiset. Ja was auch entlich der vätterliche wille Gottes sey, durch solche bewegliche und liebliche concent, auffs herrliche, in allen christlichen kirchen unnd versamlungen, täglich celebrirt und offenbaret werden.

Ich mus auch dieser lieblichen und holdtseligen kunst dieses lob vor allen andern künsten geben, das sie am nechsten nach Gottes wort, ein betrübtes herz, unnd trawriges gemüth, welches gar zerschlagen und erschrocken, widerumb erquicket, erfreuet, auffmüntert und frölich macht, und alles trauren, angst und leyde zu rücke treibet, ohne was sie sonst für wunderbare, und seltzame effectus producirt, wircket, und mit sich banget, das also Macrobius wol recht und war saget: Nullum tam immite tamq[ue] asperum pectus est, quod non oblectamentorum musicae moveatur affectu: [1] Curas enim abigit, clementiam suadet, iras et reprimit et suggerit, artes alit, concordiam nutrit, heroum mentes ad facta fortia accendit, cohibet nitia, virtutes gignit, et genitas ornat, mores componit: Insuper dat somnos morbisq[ue] medetur, infantes conpescit vagientes, laborantum mitigat labores, fessos reparat artus, ac perturbatos reformat animos, et c[etera].

Solche und viel andre wunderbare effectus wircket die teure und freudenreiche musica, welche, wo es die zeit leiden wolte, alle durch glaubwirdige exempel künten probirt unnd bewissen werden.

Wie offt hat Thimotheus dieser musicus aus Phrygia den Alexandrum Magnum, der ein herrscher ober die gantzen welt gewesen, mit seinen musicalischen instrumenten dahin beweget, das er von seinem königlichen tische, unnd herrlichen wolbereitten maltzeit ist auffgestanden, zum waffen gegriffen, und gantz grimmig mitten unter das heer, mit gefastem spehr gesprungen, dem feinde als ein küner und ernstlicher held zubegegnen? Herwiderumb hat in Thimotheus mit seinem lieblichen und holdseligen getöne der musica, als bald wider zu freundtlichkeit und gütigkeit gereitzet und getrieben, also das er als ein senfftmütiger könig die waffen von sich abgeleget, an die königlichen tafel gesessen, und mit freuden der maltzeit und des convivii genossen.

Also lesen wir auch von Nerone, das er gar ein senfftmütiger und milter fürst gewesen sey, so lang er musicam lieb und werdt gehalten. So baldt er aber selben nichts mehr geachtet, sondern sich nigromantiae und andrer teufflichen künste geflissen, ist er ein greulicher erschrecklicher und blutdurstiger Tyran[n] worden, und wie Seneca von ihm schreibet, gar in ein grimmige und wütende bestien transformirt und verendert worden.

Also schreibet auch Philelphus von Agamemnone der Griechen könig, da diser in den Troianischen krieg gezogen, hat er unter des eine[n] berümpten musicum in seinen königlichen sal verordnet, die Clytemnestram, seinen gemahel mit lieblichem getöne der instrumenten zu ergetzen, durch welches Clytemnestra so hoch und fast belüstiget unnd erfrewet worden, das sie kein unmuth angestossen, noch kein traurigkeit jemals hat ankommen oder uberfallen mügen. Sie hat auch ir weibliche ehr, all dieweil ir herz von ir gewesen dermassen verwaret und verschlossen, das sie niemals ausserhalb ires gemahles an einen man gedacht, sondern stetz des künstlichen musici, und seiner lieblichen unnd schönen kunst wargenommen. So baldt aber durch betrug und hinderliste Aegisthi, der musicus von der königin ist genommen worden, hat sie nicht allein uber die schnur gehauen, und ire weibliche ehr verletzet. Sondern auch dem Aegistho, mit dem sie die ehe gebrochen, hernach hilff und beystandt geleistet, den könig Agamemnonem, da er wider von Troia aus dem krieg ist kommen, umbzubringen und zu ermorden.

Wir lesen auch von Pythagora Samio, da dem auff ein zeit, vil voller brüder, sampt einem spilman begegnet sein, welche alle mit krentzen gezieret, dazu gesungen und gesprungen, getobet und gewütet haben, wie dann solche volle narren pflegen. Da Pythagoras aber gesehen, das sie durch den wollautenden frölichen hall des instruments je lenger je mehrer zu fröligkeit, und zur schwermerey gereitzet würden, hat er dem spilman geboten, die frölichen melodey, in eine klegliche lamentation zuverwandlen, welchs als bald es geschehen ist, die trunckenpöltz alle schamroth worden, das sie auch die krentze von sich geworffen, und also mit schanden heim zu hauß gezogen, in vorsatz, nicht mehr also unbesunnen, herumb zuschwermen. Nach welcher geschicht diser j[e]tztgenante philosophus auch allen seinen discipulis gebotten, das sie sich mit lieblichen melodeyen schlaffen legten, un[d] gleichesfals zu morgens mit frölichem getöne wider auffstünden. Daher denn der alte weyse Socrates nicht unbillich dise lieblichen unnd schönen künste auch auff Seitenspilen und dergleichen zu lernen, in seinem alter sich unterstanden.

Es schreibet auch Quintilianus von Lycurgo der Lacedemonier fürsten, das er seinen bürgern, den Lacedemoniern, harte strenge recht, und steiffe satzungen für geschriben habe, dennoch ist er durch die edlen musicam, also zur senfftmütigkeit gereitzet, das er als ein gar demütiger und milder fürst ist gespüret worden.

Marcianus Capella saget, das auch bey Römern, unnd bey den Lacedemoniern dieser brauch gewesen sey, wenn sie j[e]tzt den feindt haben sollen angreiffen, das sie auff mancherley art und weis, musicam zu treiben und uben befohlen haben, als posaunen unnd trometen zu blasen, heerdrummel und paucken zuschlagen, und der gleichen, welcher brauch auch noch bey uns, und unsern kriegßleuten gehalten wirdt, damit sie als die freudigen, dem gegenfeinde desto kecker und behertzter unter augen sehen, sich kein forcht, schrecken noch zagen, jha keine bitterkeyt des todes anfechten lassen, sondern durch dise freudenreichen gaben Gottes, als die künen und freimütigen zum streit auffgemüntert werden.

Wie viel unzelicher, herrlicher und schöner historien findet man auch hin unnd wider bey poeten, welche alle dieser löblichen kunst zum grösten preis, und höchster ehr gedeyen, unangesehen, ob sie also nicht eygentlich geschehen, jedoch daraus gentzlich zu schlissen, das die musica auch bey den alten heyden in grossen wirden und ansehen gewesen sey, dieweil sie so mancherley effectus und wirckungen, diser göttlichen und von Gott bescherten kunst, zuschreiben und zumessen. Als nemblich, das Amphion, mit, und durch diese kunst, die herten stein unnd felsen tantzend und hupffendt gemacht habe, das sie sich von inen selbst zuhauff getragen haben, und umb die stat Thebae umbher, zu einer statmauren worden.

Item wie Arion, da er in Graeciam hat schiffen wollen, und in die schiffleut haben wollen tödten, und die grossen summa gelts, die er bey sich gehabt, und mit diser kunst zuwegen bracht, unter sich teylen haben wollen, die delphinen und meerschwein, mit dieser lieblichen kunst hab herzu gelocket, un[d] auff derer rücken eins gesessen, und also durch diß meerwunder, welchs durch die musicam beweget worden, sein leben erhalten, und den schiffleuten und mörraubern entgangen, das sie ahne zweiffel von den andern herzu gelockten delphinen, ins meer werden gestürtzt sein worden.

Item wie Orpheus sein weib Euridicen von den hellischen göttern, welche er auch durch diese kunst zu barmherzigkeit bewegt, errettet und erlediget hab, und vil andrer historien mehr, die ich dißmal hie einzufüren, kürtzhalben unterlassen wil, dieweil vorhin gnugsam am tage, was die edle musica, für wunderbare effectus hab, und wie wunderbar und seltzam sie bey alten un[d] jungen bißher gewircket hab. Ja das sie auch eine solche Gottes gabe ist, dafür auch die Teufel und unreine geyster fliehen und weichen müssen, wie wir denn deß, im alten Testament, in den büchern der könige, an David und den könig Saul, ein herrlich un[d] schön exempel haben.

Wie herrlich nun hoch, diese göttliche, heylige, werde und schöne kunst, die musica, gerhümet und gepreiset wirt, also herrlich und hoch, sollen auch alle diese gerhümet und gepreiset werden, so dise zu Gottes lob und ehre promovieren und fördern helffen.

Dieweil denn nun durchleuchtigste, hochgeborne fürsten und gnedigste herren, nicht allein im lande Hessen, in e[uren] f[ürstlichen] g[naden] löblichen unnd christlichen fürstenthumb kund und offenbar ist, sondern auch durch gantz Germanien landkündig und gnügsam am tage, das e[ure] f[ürstlichen] g[naden] die teuren unnd werden musicam je und allzeyt, in grossen wirden und ehren gehalten, diser gantzgünstig und geneiget gewesen, auch dise allenthalben so wol auch als das heylige Evangelion und Gottes wort beschützet, und aufs allergnedigst befördern, hab ich nicht unterlassen wöllen, e[uren] f[ürstlichen] g[naden] diß kleine und geringe opusculum zu dedicirn und zuzuschreiben, auffs unterthenigest bittende, e[ure] f[ürstlichen] g[naden] wöllen solche meine mühe und arbeit in gnaden von mir annemen und inen dise christliche und kurtze stücklein gnedigest wolgefallen lassen. Wil mich hiemit e[uren] f[ürstlichen] g[naden] in aller unterthenigkeyt befohlen haben. Geben zu Eger den 16. May. Anno 1568.

E[ure] f[ürstlichen] g[naden]

Untertheniger

Clemens Stephani von Buchau,

und Innwoner zu Eger.